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EU-Omnibus-Initiative und ihre Auswirkungen: Eindrücke und Take-aways des BFW Nord-Seminars „Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Immobilienwirtschaft“

  • Autorenbild: GSF Team
    GSF Team
  • 14. März
  • 5 Min. Lesezeit

Für Mittwoch, den 06. März 2025 lud der BFW Nord zum Seminar mit dem Fokus Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Immobilienwirtschaft ein – etwa eine Woche, nachdem die Europäische Kommission ihren Vorschlag zur Omnibus-Verordnung veröffentlichte und sich damit weitreichende Änderungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung ankündigen. Somit stellte sich für Dr. Verena Herfort, Geschäftsführerin des BFW Landesverband Nord, als Veranstalterin die Frage, wie sinnvoll ein Seminar zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zu diesem Zeitpunkt der Ungewissheit und Veränderung sei. Doch gerade die EU-Omnibus-Initiative verstärkt den Kommunikations- und Austauschbedarf. So fand das Seminar statt und die Teilnehmenden und Referent:innen hatten die Möglichkeit, über die Chancen und Herausforderungen, die sich durch die Veränderungen ergeben könnten, bereits frühzeitig zu diskutieren.


Unser Geschäftsführer Roland Keich war als Referent gemeinsam mit seiner Kollegin Melina Schneider bei Möhrle Happ Luther vor Ort – im 12. Stock, mit beeindruckendem Blick über die Stadt. Doch nicht nur die Aussicht war inspirierend, sondern auch die äußerst interessanten Vorträge mit praxisnahen Einblicken zu ESG, Regulatorik sowie der Umsetzung der CSRD Richtlinie, Wesentlichkeitsanalyse und EU-Taxonomie und der Austausch mit allen Teilnehmenden.


Nachhaltigkeit und wertstabile Immobilien mit Energieeffizienz im Fokus

Andreas Schruth (Prokurist, Seniormanager ESG & Nachhaltigkeit – Möhrle Happ Luther) hob bereits zu Beginn der Veranstaltung die zentrale Bedeutung von Nachhaltigkeit hervor und verdeutlichte, wie wichtig ein klarer Rahmen für Transparenz und nachhaltiges Wirtschaften sei. Während die Finanzberichterstattung bereits einen hohen Reifegrad erreicht habe, befinde sich die ESG-Berichterstattung noch in der Entwicklung. Trotz der Unsicherheiten durch den Omnibus-Entwurf – dessen Umsetzung noch einige Zeit brauchen wird - sei es ratsam, frühzeitig mit der Implementierung der Berichterstattung zugrunde liegenden Prozesse zu beginnen – mit dem Fokus auf wenige Themen, die strukturiert und vollständig behandelt würden. Einen sehr guten Ansatz biete die VSME als Standard für KMU. Hierauf könne in Zukunft aufgebaut werden. Der Austausch mit Wirtschaftsprüfer:innen und weiteren Stakeholdern sei hierbei essenziell.


Mieke Lindner (Direktorin Nachhaltigkeit, Öffentliche Fördermittel & Leasing – Hamburger Sparkasse) hob in ihrem Vortrag die Rolle der EBA und BaFin für die Regulierung der Banken hervor. Deren Vorgaben seien vorrangig für die Banken von Bedeutung, unabhängig von der CSRD-Pflicht der Unternehmen. Die Strategien und Schwerpunkte der Banken seien zwar unterschiedlich, dennoch würden Nachhaltigkeitsziele und die regulatorischen Anforderungen zur Analyse von ESG-Risiken eine wachsende Rolle spielen, gerade auch der physischen Risiken mittels Klimarisikoanalyse. Die Haspa wolle ihren CO₂-Fußabdruck bis 2030 um 70 % reduzieren und nutze derzeit eine ESG-Scoring-Software des Sparkassenverbands. Neben Umweltaspekten würden auch soziale Indikatoren immer wichtige werden. Ihrer Ansicht nach sei der Schlüssel zum Erfolg eine klare Vision, motivierte Mitarbeitende und Kund:innen sowie ein systematischer Aufbau von Wissen und Prozessen. Dekarbonisierungspfade hätten hierbei für die Haspa eine größere Bedeutung als die CSRD-Richtlinie. Die EPBD wird ab 2030 enorme Auswirkungen auf gewerbliche Immobilien haben mit Sanierungszwang für Worst Performance Buildings.


Herausforderungen und Chancen der CSRD-Umsetzung

Mike Slodowy (Experte Projekt- und Qualitätsmanagement – Behrendt Gruppe) berichtete von den ersten Schritten seines Unternehmens mit der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse zur CSRD-Umsetzung: „Die Komplexität und der Aufwand erfordern ein hohes Maß an Teamwork und Kommunikation“, so sein Zwischenfazit.Die Behrendt Gruppe setzt die CSRD-Berichterstattung ohne externes Personal rein mit internen Kräften um. Daher sei es essenziell, frühzeitig Verantwortlichkeiten festzulegen, den Arbeitsaufwand realistisch einzuschätzen und die richtige Software für die Anforderungen der Wirtschaftsprüfer:innen und die interne Bearbeitung auszuwählen. In der aktuellen Situation werden sie die Doppelte Wesentlichkeitsanalyse beenden und stattdessen den Fokus auf die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks legen. Alternativ werde noch geprüft, ob ein anderer, leichterer Reportingstandard künftig angewendet werden könnte. Mike Slodowy rät: Nutzen Sie die Chancen mit der Wesentlichkeitsanalyse und der Nachhaltigkeitsausrichtung, wir wollen daraus für uns lernen.“


Sven Müller (Nachhaltigkeitsmanager – Aug. Prien) hob die Chancen der Nachhaltigkeitsberichterstattung hervor. Einerseits bringe die CSRD-Richtlinie erhebliche Kosten und Dokumentationsaufwand mit sich, andererseits ermögliche sie aber auch tiefere Einblicke ins Unternehmen. In den wichtigen Abteilungen und bei Schlüsselpositionen wurden Mitarbeitende zu „Grünen Agenten“ benannt. Mit den interdisziplinären Projektteams und externen Berater:innen werden mit starker Unterstützung der Geschäftsführung die unterschiedlichen Themen bearbeitet. Man komme „von der Wesentlichkeit zur strategischen Ausrichtung“. Nach dem Nachhaltigkeitsmanagement kommt als nächster Schritt die Implementierung eines Nachhaltigkeitscontrolling. Durch das gezielte Nachhaltigkeitscontrolling können langfristig Kosten gesenkt und die Effizienz gesteigert werden. Für Sven Müller ist Nachhaltigkeit eine treibende Kraft für Innovation. Bei Aug. Prien werde für 2025 der angestrebte Test-Nachhaltigkeitsbericht trotz aller Omnibus-Irritationen weiter durchgeführt, jetzt aber orientiert am leichteren GRI-Reportingstandard. Wie es mit der ESG-Software weitergehe, sei aktuell ungewiss.


EU-Taxonomie – zukünftige Entwicklungen
Roland Keich (rechts) im Gespräch mit Matthias Meyn © Elena Poschkamp
Roland Keich (rechts) im Gespräch mit Matthias Meyn © Elena Poschkamp

Roland Keich (Geschäftsführer GSF Gesellschaft für Strategie- und Finanzierungsberatung) erläuterte die EU-Taxonomie-Verifikation für Neubauprojekte aus der Sicht des Konformitätsprüfers. Er erklärte, dass sich die EU-Taxonomie künftig stärker auf die Einhaltung von CO₂-Grenzwerten und die Durchführung von Klimarisikoanalysen (Klimawandelanpassung) konzentrieren und für die DNSH-Nebenziele wohl Vereinfachungen zu erwarten seien. Für größere Bauprojekte sei allerdings eine Ökobilanzierung (LCA) erforderlich. Durch die einheitliche Definition von ökologischer Nachhaltigkeit auf EU-Verordnungsebene durch die EU-Taxonomie könnten in Zukunft auch Projekte unabhängig von QNG oder DGNB als nachhaltig eingestuft werden. Dies bietet die Chance, auf teure Zertifikate zu verzichten. Die Erleichterung der Kriterien durch das Omnibus-Verfahren würde die Attraktivität zumindest dieser projektbezogenen freiwilligen Anwendung der EU-Taxonomie fördern. Denn langfristig müssten Bestandshalter ohnehin ihr Immobilienportfolio nach Klimaaspekten steuern, sodass die notwendigen Daten für die EU-Taxonomie-Analyse bereits weitgehend vorhanden seien. Wer heute schon auf Taxonomiekonformität achte, könne neue Regelungen problemlos umsetzen und nachweisbar nachhaltig bauen ohne erheblichen Zeitverlust.


Auch Matthias Meyn (Projektleiter BRAWO RE Development Hamburg mbH), der eine Taxonomie-Verifikation über den Verein für Nachhaltiges Wohnen (NaWoh) mit der GSF als Konformitätsprüferin durchführen ließ, ist überzeugt, dass diese Art des Nachhaltigkeitsnachweises klare Vorteile bringe: Er ermögliche es, finanzielle Vorteile aus grünen Finanzierungen direkt an Erwerber weiterzugeben und mache Nachhaltigkeit greifbar. In der Außenkommunikation kann darüber hinaus belegt werden, dass das Bauprojekt nachhaltig sei. Zudem sei der Prozess effizient und einfach zu handhaben, wobei der Aufwand in einem überzeugenden Verhältnis zu den Kosten stehe, ganz im Unterschied zu bisherigen Zertifikaten.


"Der Omnibus fährt, doch der Nachhaltigkeitszug fährt schon viel länger."

In der anschließenden Diskussion mit Thorge Jankowski (Sparkasse Südholstein), Andreas Schruth, Meike Lindner und Roland Keich zeigte sich, dass Klimaschutz und Dekarbonisierung operativ bei den Banken wesentlich sind und bleiben. Die vielen Varianten von Nachhaltigkeitsfragebögen der Kreditgeber werden erst einmal nicht vereinheitlicht, wobei meist nach Bankengruppen schon Systematisierungen bestehen. Hier wird mit der Bankenregulatorik institutsindividuell unter Einbezug diverser ESG-Scoring-Software umgegangen. Die EU-Taxonomie selbst wird – wenn der Omnibus wie vorgestellt umgesetzt wird – an Bedeutung im Reporting verlieren. Bei der Praxis als Nachhaltigkeitsnachweis, der Anerkennung für grüne Finanzierungen und ggf. für Unternehmensportfolien wird die EU-Taxonomie als wichtiges Instrument bleiben. Bereits heute machen viele Immobilien- und Wohnungsunternehmen im Rahmen des DNK Deutschen Nachhaltigkeitskodex eine freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung. Der DNK wird aktuell auf den VSME-Standard angepasst, sodass dieser auch mit den Anpassungen des Omnibusverfahrens harmonisiert ist. Warum sollten diese Unternehmen somit plötzlich kein Interesse an diesem etablierten Verfahren haben?

 

Fazit: Nachhaltigkeit bleibt ein zentraler Erfolgsfaktor

Alle Teilnehmenden und Referent:innen waren sich einig: Nachhaltigkeit ist kein kurzfristiger Trend, sondern ein entscheidender Wettbewerbsfaktor. Selbst wenn die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht aufgrund regulatorischer Vorgaben verpflichtend wird, gibt es dennoch viele gute Gründe, an ihr festzuhalten. Sie schafft Mehrwert – für die Gesellschaft, das eigene Unternehmen und das Klima. Sie sichert nicht nur die langfristige Zukunftsfähigkeit, sondern spielt auch eine wachsende Rolle in der Finanzierung. Nachhaltigkeit ermöglicht Kosteneinsparungen, steigert die Attraktivität für Investoren, reduziert Risiken und fördert Innovationen. Wer sich frühzeitig darauf einstellt, verschafft sich klare Vorteile in einem sich wandelnden Markt.


Mit großem Dank der Teilnehmenden für die Chance des gegenseitigen Lernens endete das Seminar. Dr. Verena Herfort, die eloquent, stringent und empathisch durch das Seminar führte, stellte zum Schluss bereits Überlegungen auf, wie nach den Sommerferien das Thema mit neuen Erkenntnissen und weiteren Schwerpunkten aufgegriffen werden könne.


Das GSF-Team wird jedenfalls gerne wieder dabei sein!

 
 
 

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