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Ist die Zinswende am Markt eingeläutet? - Ein Kommentar zu den aktuellen Notenbank-Entscheidungen

Die aktuellen Zinsentscheidungen in den USA und der Schweiz zeigen ihre kurzfristige Wirkung an den Märkten, die nun in einen „Rausch“ verfallen. Es droht, dass die Inflation nachhaltig nicht mehr bekämpft, sondern erneut angeheizt wird. Ein Kommentar von Roland Keich, Geschäftsführer GSF Gesellschaft für Strategie- und Finanzierungsberatung mbH, zu den Zusammenhängen und der Entwicklung.

 

Seit Juli 2022 hat die EZB die Leitzinsen in 10 Schritten erhöht, nachdem unübersehbar die Inflation dramatisch in Fahrt kam. Aktuell hat sich die Inflationsrate beruhigt und ist von den Höchstständen gen Süden gelaufen.


Entwicklung Verbraucherpreise (Inflation), eigene Darstellung, Quelle: Bundesbank

Folglich sind die 10-Jahres-Zinsen in der Seitwärtsbewegung, die drastischen Erhöhungen aus 2022 wurden nicht fortgesetzt, zeitweise gab es sogar sinkende Langfristzinsen.


Zinsentwicklung 10 J.-Zinsbindung, eigene Darstellung, Quelle: Bundesbank

"Schweiz prescht wieder mit der Zinswende vor"

Dies ruft die Notenbanken und Politik auf den Plan. So hat die Schweizer Notenbank die Märkte überrascht und am 21. März 2024 die Leitzinsen um 0,25%-Punkte gesenkt. Hierzu berichtet das Handelsblatt vom 22./23./24. März 2024 mit ihrem Artikel „Schweiz prescht wieder mit der Zinswende vor“. Bank of England und EZB warten noch ab, es deutet sich aber bereits an, dass die anderen Notenbanken sehr genau hinschauen und die Schweiz einen Senkungstrend ab Mitte 2024 einleitet. Die Finanzmärkte sind bereits jetzt im Höhenrausch: Börsenrekorde parallel in den USA, Japan und Deutschland, Gold hat ein Rekordhoch, so beschreibt das Handelsblatt die aktuelle Marktsituation. Die FED hat am 20.3.2024 bestätigt, dass sie 2024 dreimal die Zinsen um insgesamt 0,75 Prozentpunkte senken wolle. Dies hat den Markt angeheizt.


Wer sich schon freut, dass die Verbraucherpreisinflation drastisch gesunken ist und somit sinkende Zinsen als logische Konsequenz sieht, hat eines vergessen: Geldmengenwachstum und Niedrigzinspolitik zum Aufblasen der Immobilienpreise waren neben der Energiepreiskrise gerade Ursache für die Entwicklung in 2022. Die Schweizer Notenbank leistet der Politik einen Bärendienst, die selbst nicht mehr die Kraft hat, unangenehme, notwendige Wirtschaftskorrekturen durchzuhalten. Sie muss den Wähler:innen vermeintlich „gehorchen“ und auf die fehlende Leidensfähigkeit in Westeuropa immer wieder mit Beruhigungspillen und Problemverschiebungen reagieren. Dabei wird sich zu schnell auf altem, nun sich verbrauchendem Wohlstand ausgeruht, der so selbstverständlich erscheint und mit rosa-roter Politbrille auf ewig ausgelegt ist. Die Zentralbanken sind letztendlich nicht mehr selbständig und Geldpolitik ist am Ende nur noch Politik ohne Geld.


"FED versetzt Investoren in Kaufrausch"

In der gleichen Ausgabe berichtet das Handelsblatt über die Börsenentwicklungen der USA, „FED versetzt Investoren in Kaufrausch“. Wir sehen darin, dass die Inflation wieder künstlich angeheizt wird:  Der Rausch könnte allmählich wieder starten, da Reichtum aus vermeintlichen steigenden nominalen Kursen winkt, über die wir uns am Kapitalmarkt freuen. Dabei stellen diese bei gleichzeitiger Vermögenswerte-Inflation nur die reale Werterhaltung dar. Und die niedrigen Zinsen verursachen zu unserer Freude in der Immobilienwirtschaft wieder steigende Immobilienpreise und die Staaten müssen bald wieder weniger Schuldzinsen zahlen, die die Haushalte belasten und somit Potenzial für weitere Staatsschulden und Geldgeschenke bieten. Und noch ein Aspekt: Die Schweizer Notenbank liefert mit ihrer Zinssenkung den Ökonomen Lehrbuchbeweise: Wer als erstes die Zinsen senkt, macht die eigene Währung schwach, wie der Franken es gerade erlebt. Das mag gut für den Export sein, importiert aber Inflation der Verbraucherpreise. So könnten zunächst alle Marktbeteiligten zufrieden sein.


Die erneute Überraschung wird folglich zum Jahreswechsel kommen: mit Geldmengenwachstum aus nominalen Kursen, Vermögensinflation und importierter Inflation wird wieder eine deutlich anziehende Inflation und in der Folge steigende Kreditzinsen verursacht. Bleibt zu hoffen, dass weder die Schweizer Geldpolitik noch die Ankündigungen der FED auf die EZB jetzt schon überschwappen, obwohl wir alle in der Immobilienwirtschaft über sinkende Zinsen uns betriebswirtschaftlich freuen würden. Die Inflation werden wir so aber nicht nachhaltig los und verharren im Achterbahnfahren, aus Ökonomen-Sicht ein Desaster und für Unternehmen wiederum kein guter Beitrag für stabile Märkte.

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